logo
episode-header-image
May 2024
30m 2s

„Kleine Wunden näht vielleicht bald die ...

Frankfurter Allgemeine Zeitung
About this episode
F.A.Z. KI Podcast

Künstliche Intelligenz ist im Krankenhaus schon an vielen Stellen im Einsatz. Im OP aber wird es schwierig. Das Nähen kleiner Wunden funktioniere zumindest im Labor schon gut. Für größere Operationen brauche es den Menschen, sagt Dirk Wilhelm, Oberarzt der chirurgischen Klinik des Klinikums rechts der Isar der TU München, im F.A.Z. KI-Podcast.

Künstliche Intelligenz arbeitet heutzutage schon in Krankenhäusern mit, zum Beispiel durch das Mitschreiben von diktierten OP-Berichten oder Arztbriefen, durch Vitalwertanalysen oder als Hol- und Bring-Roboter. Obwohl Roboter in Operationssälen bereits routinemäßig eingesetzt werden, würden diese bislang manuell von Chirurgen und nicht von einer KI gesteuert. Grund dafür seien die enorme Komplexität und Variabilität von Operationen, für die es aktuell noch die menschliche Auffassungsgabe brauche: „Bei der Interaktion mit Gewebe integrieren wir viele Informationen. Da kommt Verständnis über Schwerkraft, da kommt physikalisches Denken und weitere Sachen hinzu, die wir selbst gar nicht benennen können, die aber wichtig sind, um gute Operationen durchzuführen“, so Wilhelm. Von der Vision, dass KI ganze Operationen übernimmt, seien wir deshalb noch sehr weit entfernt. Hinzu komme, dass es für einen umfangreicheren KI-Einsatz in der Chirurgie auch noch an einer geeigneten Datenbasis fehle. Videomaterial von Operationen sei dabei noch vergleichsweise leicht aufzunehmen und zu verwenden, weshalb dieses bei der aktuellen KI-Entwicklung im Fokus stehe, berichtet Wilhelm. Die Parameter der im OP verwendeten Geräte und Roboterarme seien dafür zwar ebenfalls hochinteressant, würden aber von den Herstellern nicht über geeignete Schnittstellen verfügbar gemacht. Auch die Integration von Schnittstellen in anderen OP-Bereichen wie der Anästhesie sei wünschenswert, jedoch durch den erhöhten Koordinationsaufwand und Datenschutzbedenken komplex. Trotz der Hindernisse könne die KI in Versuchen dennoch erste chirurgische Erfolge verzeichnen: „Was aber schon gut funktioniert, sind so ganz kleine Teilelemente einer Operation, zum Beispiel das Knoten oder das Nähen. Wenn das sehr definiert ist, dann funktionieren – zumindest im Labor – KI-Ansätze bereits sehr, sehr gut“, erzählt Wilhelm. In der Chirurgie gehe es nun um den Aufbau einer hochqualitativen Datenbasis, zum Beispiel durch Workflow-Analysen und die digitale Erfassung der operativen Prozesse – und das nicht nur in deutschen Kliniken. Denn auch Länder mit einer weiter vorangeschrittenen Digitalisierung des Gesundheitswesens und einer offeneren Einstellung der Bevölkerung zur Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten, wie beispielsweise Dänemark, würden bislang kaum Operationsdaten standardmäßig aufzeichnen. Um die entstehenden Datensätze auch für den KI-Einsatz verwenden zu können, müssten darüber hinaus auch Prozesse in der Chirurgie stärker standardisiert werden, führt Wilhelm weiter aus: „Viele Chirurgen rühmen sich ja, dass sie Virtuosen sind, und nur so operieren, wie sie persönlich es machen.“ Die daraus resultierende Vielfalt an Techniken erschwere das KI-Training zusätzlich. Widerstand von Seiten der Chirurgen sieht Wilhelm allerdings keinen: Diese stünden dem Einsatz von KI in Operationssälen sehr offen gegenüber. Grund dafür sei, dass Kliniken im Moment hoffnungslos überlastet seien – und alles, was die Überlastung verringern könne, erst einmal willkommen sei. An den KI-Lösungen, die im Bereich der bildgebenden Verfahren in der Dermatologie oder Radiologie bereits mit Menschen vergleichbare Ergebnisse erzielen, sei zudem erkennbar, dass die KI die Menschen nicht ablöse. „Gemeinsam – das heißt die Kombination aus Mensch und Maschine – wenn wir dadurch die bessere Versorgung erreichen, dann ist das was, gegen das man sich weder stemmen sollte, was aber auf der anderen Seite auch sehr stark unterstützt wird“, so Wilhelm. Die Folge ist Teil unseres Podcasts „Künstliche Intelligenz“. Er geht den Fragen nach, was KI kann, wo sie angewendet wird, was sie bereits verändert hat und welchen Beitrag sie in der Zukunft leisten kann. Hosts des Podcasts sind Peter Buxmann, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik an der TU Darmstadt, und D:ECONOMY-Redaktionsleiter Holger Schmidt. Die Podcast-Folgen erscheinen jeweils am ersten Mittwoch im Monat.

Up next
Nov 5
Klaus Müller: Warum wir weniger Angst vor KI-Regulierung haben sollten
Der Präsident der Bundesnetzagentur ist künftig auch für den EU AI Act zuständig. Und warnt vor einer oft unnötigen Aufregung. „Es gibt eine massive Diskrepanz zwischen der Selbstwahrnehmung und dem, was der AI Act wirklich vorschreibt.“ 
36m 52s
Oct 1
„Künstliche Intelligenz trifft eine Milliarde Entscheidungen – am Tag“
Die Schwarz-Gruppe investiert in KI wie kaum ein anderes Unternehmen in Deutschland. Nicht nur in eigene Rechenzentren, sondern auch als Effizienzmotor im Handel. Das nächste große Ding seien KI-Agenten, sagt Rolf Schumann, Co-CEO von Schwarz Digits. 
46m 3s
Sep 3
Vom Papier zum Chatbot: Wie KI die Verwaltung modernisiert
Christian Engelhardt hat als Landrat des Kreises Bergstraße schon früh auf KI im Amt gesetzt und treibt den Ausbau mit Elan voran. Seine Vision: KI soll helfen, den Bürgern die Arbeit abzunehmen, bevor sie entsteht. 
33m 14s
Recommended Episodes
Apr 2025
Das sind die Treiber einer radikal besseren Zukunft - Frederik Pferdt (Innovationsexperte)
<p>Was haben fliegende Autos, künstliche Intelligenz und eine Hütte in den Santa Cruz Mountains gemeinsam? Für Frederik Pferdt sind es Puzzleteile einer Zukunft, die wir selbst gestalten - wenn wir den Mut dazu haben. Der ehemalige Head of Innovation von Google und frühere Profes ... Show More
32m 40s
Mar 2025
Elektronische Patientenakte? "Ich bin auch am Anmeldeprozess gescheitert" - Andreas Strausfeld (Bitmarck)
<p>Wer sich vor 2025 freiwillig für die elektronische Patientenakte (ePA) entschieden hat, war Teil einer digitalen Minderheit. "Das haben tatsächlich nur sehr wenige gesetzlich Versicherte gemacht", berichtet Andreas Straußfeld. Gerade einmal ein Prozent der Versicherten ließ si ... Show More
31m 13s
Apr 2025
Lieber perfekt als fertig: Der deutsche Fehler bei der Digitalisierung - Ibrahim Köran (Heliad)
<p>Die Bilanz fällt ernüchternd aus: "Wenn man sich die OECD-Studien anschaut, landet Deutschland bestenfalls im Mittelfeld, im internationalen Vergleich eher im unteren Mittelfeld", sagt Ibrahim Köran zum Stand der Digitalisierung der deutschen Verwaltung. Der frühere KPMG- und ... Show More
32m 14s
Jan 2024
Sind Patienten schneller zu Fuß in der Apotheke als das E-Rezept über die TI, Herr Neumann?
Es hakt in den ersten Tagen des E-Rezepts als Pflichtanwendung. Doch an vielen Stellen funktioniert es auch. Hannes Neumann, Produktmanager der gematik, nimmt im „ÄrzteTag“-Podcast Stellung. 
40m 42s
Feb 2025
KI in Deutschland? "Technologie respektiert keine Traditionen" - Kenza Ait Si Abbou (Fiege)
<p>Wenn es um KI und Digitalisierung geht, redet Kenza Ait Si Abbou nicht um den heißen Brei herum. "Unser Wohlstand in Deutschland führt dazu, dass wir nicht veränderungsbereit sind", sagt die KI-Expertin. In der Zukunft gelten andere Regeln: "Technologie respektiert keine Tradi ... Show More
33m 42s
May 2024
Stefanie Kemp (Sana Kliniken): "Vielleicht macht eine Krankenschwester bald nur noch Homeoffice"
<p>Bereits als junge Kinderkrankenschwester war Stefanie Kemp fasziniert davon, mit innovativen Technologien das Leben von Patienten und Kollegen zu verbessern. "Ich würde es heute eher machen als damals", sagt sie über ihren ersten Beruf. Heute, mehr als 35 Jahre später, treibt ... Show More
27m 23s
Nov 2024
Wie sieht der Supermarkt der Zukunft aus, Herr Souque?
<p>Lionel Souque führt den zweitgrößten Lebensmitteleinzelhändler Deutschlands mit einem Umsatz von rund 30 Milliarden Euro, knapp 170.000 Mitarbeitern und 3.600 Märkten. Der CEO der Rewe-Gruppe gehört in der Branche zu den Innovationsführern, führt KI in den Logistikprozessen fü ... Show More
24m 56s
Sep 2024
Warum reichen 8,95 Euro für die RSV-Prophylaxe nicht, Dr. Hubmann?
Der Beschluss kam schnell, aber die Pädiater sind enttäuscht: Warum die beschlossenen 8,95 Euro für die RSV-Prophylaxe hinten und vorne nicht reichen, erläutert BVKJ-Präsident Dr. Michael Hubmann im „ÄrzteTag“-Podcast. 
24m 24s
Oct 2024
Gerhard Wehrmeyer (Herrenknecht): Tunnel sind widerstandsfähiger als Brücken
<p>Manche Autofahrer fahren in diesen Tagen mit einem mulmigen Gefühl über Brücken in Deutschland. Allein 4000 Autobahnbrücken müssen in den nächsten Jahren saniert werden. Der Einsturz der Carolabrücke in Dresden war ein weiterer schmerzlicher Warnschuss im Industrieland Deutsch ... Show More
32m 17s
Jan 2025
"Wer behauptet, Deutschland könne das Weltklima alleine retten, ist minderbemittelt" - Caspar Brockhaus (Brockhaus)
<p>Wer Brockhaus hört, denkt an das berühmte Lexikon. Doch Caspar Brockhaus winkt ab: "Die Verbindungen sind so lange her, dass man den Verwandtschaftsgrad heute nicht mehr berechnen kann", sagt der CEO der gleichnamigen Industriegruppe. Denn das eine Familienunternehmen presste ... Show More
34m 12s