Simmels brillanter Essay diskutiert das "Seelenleben" der Großstadt.
Simmels erste These: Das Großstadtleben wird vom Verstand, nicht vom Gemüt beherrscht. Stadtgefühl statt Gefühl. Anders sei dem raschen Wechsel der Eindrücke in der Großstadt nicht beizukommen. Simmels zweite These: Die eng getakteten Reize der Großstadt und die Vorherrschaft des Geldes machen die Bewohner der Großstadt blasiert. Sie werden stumpf gegen die Unterschiede der Dinge und neigen dazu, alles in einer matten und grauen Tönung zu sehen. Simmels finale These: Die Großstadt nährt zwei Formen der Freiheit. Auf der einen Seite die Unabhängigkeit im Sinne des Liberalismus. Dieser basiere historisch auf der Annahme der Aufklärung, es gäbe eine allgemeine, geteilte Natur des Menschen. Auf der einen Seite begünstigt sie Freiheit als Ausprägung individueller Eigenarten: Angesichts der Schwierigkeit, in der Masse abgestumpfter Großstädter seine Persönlichkeit zur Geltung zu bringen, reagieren einige mit Extravaganz. Die Betonung der Unterschiede zwischen den Individuen gehe historisch auf die Romantik und die Arbeitsteilung zurück. Somit lässt sich die Großstadt Simmel zufolge als der Ort verstehen, wo zwei historisch gewachsene Freiheitsvorstellungen miteinander in den Ring treten. "Damit gewinnen sie einen ganz einzigen, an unübersehbaren Bedeutungen fruchtbaren Platz in der Entwicklung des seelischen Daseins, sie enthüllen sich als eines jener großen historischen Gebilde, in denen sich die entgegengesetzten, das Leben umfassenden Strömungen wie zu gleichen Rechten zusammenfinden und entfalten."
Volltext: https://www.projekt-gutenberg.org/simmel/grosstad/chap001.html
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